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Beschreibung

Als Flechten bezeichnet man eine Lebensgemeinschaft (Symbiose) zwischen zwei Pilzpartnern und einer oder mehreren Algen. Die Algen versorgen innerhalb dieser Symbiose sowohl sich selbst als auch die Pilzpartner mit den lebensnotwendigen Kohlenhydraten aus der Photosynthese. Im Gegenzug sind die Algen in das schützende Geflecht der Pilze eingebettet.
Im Gebiet des Nationalparks Hunsrück-Hochwald sind bisher 256 verschiedene Flechtenarten nachgewiesen worden. Besonders artenreich sind hierbei die Moorbirkenwälder in den Hangbrüchern, alte Buchenwälder sowie die Rosselhalden. Aber auch einzelne, freistehende Bäume (z.B. die Bäume am Parkplatz des Hunsrückhauses oder die Alleebäume am Einschiederhof) weisen eine beeindruckende Diversität von Flechten auf.
Im Gebiet des Naturwaldreservates Langbruch konnte die größte Population der in Rheinland-Pfalz vom Aussterben bedrohten Blutflechte (Mycoblastus sanguinarius) nachgewiesen werden. Besonders bemerkenswert für die alten Buchenbestände der Naturwaldreservate Gottlob, Ruppelstein und Springenkopf sind die zahlreichen Stecknadelflechten, die mit bloßem Auge kaum zu erkennen sind. Die Schwefelgelbe Stecknadel (Chaenotheca brachypoda) gilt als Indikator für alte, forstwirtschaftlich wenig genutzte Wälder und wurde im NWR Springenkopf erstmals für das Bundesland Rheinland-Pfalz dokumentiert. Sehr artenreich sind die Rosselhalden des Nationalparks, besonders hervorzuheben sind hierbei die Bereiche am Silberich, am Ringkopf, am Pfannenfelskopf und an der Mörschieder Burr. Hier können die Flechten trotz der großen Temperaturschwankungen überleben, die sich aus der intensiven Sonneneintrahlung im Sommer und der Kälte im Winter mit einer flächendeckenden Schneebedeckung ergeben. Arten, die sehr auffällig sind und leicht auf den Rosselhalden gefunden werden können, sind die Wald-Rentierflechte (Cladonia arbuscula) und die Gewöhnliche Landkartenflechte (Rhizocarpon geographicum). Wo die Landkartenflechte anzutreffen ist, ist häufig auch die Korallen-Porenflechte (Pertusaria corallina) angesiedelt. Auf den Stirnflächen exponierter Felskuppen wachsen Nabelartige Schlüsselflechte (Parmelia omphalodes) und Pustelflechte (Lasallia pustulata). Der Korallen-Kugelträger (Sphaerophorus globosus) ist auf den Rosselhalden nur äußerst selten zu finden und wächst ausschließlich in nordexponierten, schattigen Bereichen.

Bei den Kartierungsarbeiten in Naturwaldreservaten konnte sogar eine Flechtenart neu für die Wissenschaft beschrieben werden: die Hunsrück-Warzenflechte (Verrucaria hunsrueckensis). Sie besiedelt mit ihrem eher unscheinbaren, grau-schwarzen Vegetationskörper Steine aus Taunusquarzit.
In regelmäßigen Abständen wird im Auftrag des Nationalparkamtes eine Kartierung der Flechten durchgeführt. Aktuelle Berichte über die Grunderfassung liegen dem Nationalparkamt vor.

- Kartierungen -
Kartierung der Flechten im rheinland-pfälzischen Teil des Nationalparks: Dorothee Killmann, Burkhard Leh und Eberhard Fischer, Universität Koblenz-Landau.
Kartierung der Flechten im saarländischen Teil des Nationalparks: Volker John, Pfalzmuseum für Naturkunde, Stuttgart.

- Quellen -
Killmann, D. (2018): Flechten der Naturwaldreservate Gottlob, Springenkopf und Ruppelstein im Nationalpark Hunsrück-Hochwald. In: Biodiversität in Buchenwald-Naturwaldreservaten. 30 Jahre nutzungsfreie Waldentwicklung. Zentralstelle der Forstverwaltung, Trippstadt.

Thüs, H., Killmann, D., Leh, B. & Fischer, E. (2018): Verrucaria hunsrueckensis (Verrucariaceae, lichenized Ascomycota), a new rare species with exceptionally slender ascospores from Germany. Phytotaxa 345 (1), 26-34.

Killmann, D. & Fischer, E. (2016): Überlebenskünstler auf schroffem Fels. Die Flechten der Rosselhalden des Nationalparks Hunsrück-Hochwald. Umweltjournal Rheinland-Pfalz 59, 38-40.

Killmann, D. & Leh, B. (2016): Artenvielfalt und Monitoring von Flechten im Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Diversity and monitoring of lichens in the Hunsrück-Hochwald National Park. Decheniana 169, 18-34.

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